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4. Ahrathon am 13.06.2015

Ahr la carte: Nur für Genießer!

Der Weinbau an der Ahr hat eine lange Tradition, die urkundlich verbrieft bis ins Jahr 770 zurückverfolgt werden kann. Schon die Römer hatten das von der Natur verwöhnte Ahrtal als idealen Standort für Rebstöcke erkannt, was zur frühen Besiedlung und zum Weinbau führte. Mildes Klima und die Schieferverwitterungsböden im steilen Flußtal begünstigen das Gedeihen der Weintrauben.

Das ist natürlich auch dem Tourismus nicht verborgen geblieben und so schieben sich fast zu jeder Tages- und Nachtzeit Heerscharen von Bussen, Autos und Motorrädern durchs enge Tal und spucken die gleichermaßen erlebnishungrigen wie weindurstigen Besucher aus. Die wiederum verstopfen an schönen Tagen sämtliche Wanderwege in den Steillagen und trinken der örtlichen Nahrungskonkurrenz die Vorräte weg.

Aber auch sportlich gesehen ist das Ahrtal ein Knüller: Ein überregional erfolgreicher Laufklassiker ist z.B. der Rotweinwanderweglauf mit Start und Ziel in Dernau. 20 km mit rund 360 Höhenmetern durch die Weinberge hören sich zwar nicht gerade gewaltig an, sind aber, im Schweinsgalopp genommen und noch dazu Anfang/Mitte Juni, ein echte Herausforderung, deren Unterschätzung schon so mancher bitter gebüßt hat. Inklusive des Autoren.

Etwas ganz Besonderes bietet man Unerschrockenen jetzt schon im vierten Jahr an, wobei Du wissen mußt, daß alles, was im Rheinland zu dritten Mal stattfindet, schon Tradition ist: Den Ahrathon. Inspiriert durch den weltbekannten, sündhaft teuren und völlig überlaufenen Medoc-Marathon bei unseren weinseligen Geschwistern im Westen, findet hier die rheinland-pfälzische Version statt. Auf einem 21,1 km-Rundkurs, mit jeder Menge Höhenmetern garniert, säuft, Entschuldigung, läuft man sieben Verköstigungspunkte ab und läßt es sich gutgehen. Wer nach einer Runde noch nicht zugedröhnt ist, darf sich eine zweite gönnen und damit den Marathonzähler wieder um eins nach oben drehen. Diese Gelegenheit, vergleichsweise um die Ecke gelegen, lasse ich mir in diesem Jahr nicht entgehen.
 

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Früh am Morgen, lange vor dem Start des Marathons (dem ersten des Tages) bin ich vor Ort, verteile Flyer für m4y sowie unsere Läufe und hole meine Startunterlagen im Kongreßzentrum des Dorint Parkhotels ab. Neben dem Üblichen überreicht man uns auch einen Kleiderbeutel, den wir nach dem Umkleiden im sehr nahe gelegenen Peter-Joerres-Gymnasium zur Aufbewahrung abgeben können. Klasse ist es, das Hotel als zentralen Mittelpunkt des Laufs gewählt zu haben, denn alles Wichtige ist wirklich unmittelbar beieinander, man muß keinen Meter zu viel gehen.
 

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Etwas sehr ungewöhnlich ist die Anzugsordnung vieler Teilnehmer. Nun ist ein gewisser Grad an Maskerade mittlerweile schon bei vielen Läufen Usus geworden, hier treibt man es aber auf die Spitze, denn es gibt in einer separaten Halbmarathonwertung sogar eine eigene für die besten Kostümierungen, die auch entsprechend ausgezeichnet werden. Die jeweils beiden Sieger m/w des Marathons und Halbmarathons werden in Wein aufgewogen, ebenso das originellste Kostüm. Da ärgert frau sich, wenn sie vorher gerade noch 4 kg abgenommen hat, gell Frau W.? Eine tolle Idee ist das (natürlich auch aus Frongreisch inspiriert), die den Erlebnischarakter dieses (M)A(h)rathons unterstreicht. Uli Tomaschewski vom 100MC, den ich nach längerer Zeit mal wieder persönlich treffe, trägt das 30 Jahre-Jubiläumsshirt des Medoc-Marathons. Er bestätigt einerseits mein Wissen über diesen Lauf („sauteuer”), meint aber andererseits: auch saugut! Die vielen Einzelheiten, die er von sich gibt, sind sehr wertvoll, denn was könnte besser sein als ein persönlich vorgetragener Erlebnisbericht? Ein ebensolcher auf marathon4you.de, logo!
 

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Pünktlich um 9 Uhr, die ersten Schauer nach den gestrigen Sintfluten haben wir schon wieder hinter uns, begeben wir Marathoner, 101 davon vorangemeldet (aber nur 89 im Ziel), uns als Erste des Tages auf die unmittelbar an der Ahr gelegene Strecke, einer wunderschönen Allee. Alle anderen, darunter 660 vorangemeldete Halbmarathoner (633 im Ziel), starten mindestens eine halbe Stunde nach uns. Somit ist die ganze Sache maximal entzerrt und für uns tendenziell Langsamsten optimal – Nahrungskonkurrenz, Ihr wißt schon! Der frühe Vogel trinkt zuerst oder so ähnlich. Parallel zu den Läufen wird übrigens für die mitgereisten Familienangehörigen tagsüber im Hotel- und dem angrenzenden städtischen Dahliengarten ein Familienfest ausgerichtet. Auch kann die Strecke inkl. Nutzung der VP abgewandert werden, neben den gefühlt tausend verschiedenen Laufdistanzen (s. u.) ist also wirklich für jeden etwas dabei. Aber welch einen Aufwand treiben die Organisatoren da!

Auf dem fast durchgehend asphaltierten Ahruferweg kommen wir am Bad Neuenahrer Stadtteil Bachem vorbei, das wir im wahrsten Sinne des Wortes links liegen lassen müssen. Somit entgeht uns an dieser Stelle dessen hübscher historischer Ortskern. Warum einige von uns mit Trinkrucksack unterwegs sind, ist mir nicht ganz klar. Entweder fürchten sie, unterwegs nicht genügend Wein abzubekommen und haben eine Notreserve dabei (die Sorge ist unbegründet) oder meinen, die Weingaben mit Wasser verdünnen zu müssen, aber auch das wird reichlich vorhanden sein. Udo Pitsch aus Augsburg läuft richtigerweise ohne, aber nicht nur heute, morgen wird er auch noch die Eifel um Waxweiler unsicher machen. Ich freue mich schon, bald den Bericht auf seiner sehr ausführlichen und hochwertigen Seite lesen zu können.
 

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Nach Überquerung der Ahr passieren wir Ahrweiler, dann erwarten uns am ersten Verpflegungspunkt (VP) bei km 3,9 das Privathotel Villa Aurora und die Dagernova Weinmanufaktur. Der aus dem 8. Jahrhundert überlieferte Name "Dagernova" der fränkischen Ahrtal-Siedlung stand Pate bei ihrer Gründung. Hier läßt man uns bereits die volle Versorgung angedeihen, die wir grundsätzlich so an jedem weiteren VP erwarten dürfen: Isotonische Getränke, Wasser, Wein, Obst, Fitnessriegel und Fingerfood, hier mit Wildsalami und Sülze. Intelligenterweise, und das meine ich so noch nie erlebt zu haben, hat jedes Getränk eine eigene Becherfarbe: Weiß für Wasser, blau für Iso und, nee, den Wein erkennen wir auch mit verbundenen Augen.

Jetzt aber schnell heruntergestürzt und weiter! Hallo? So ein Quatsch, heute geht es ums Genießen, nicht ums Rennen, schließlich wollen die kulinarischen Köstlichkeiten alle getestet werden. Also lasse ich meine Abrisse an der Startnummer für Wein und Gourmethäppchen abhaken (bei der zweiten Runde werden sie dann eingesammelt) und verzehre beides mit Freude und Wohlgefühl. Ein leckeres Tröpfchen kredenzt man uns da und das wird sich an allen weiteren VP auch nicht ändern. Die kleine Stärkung ist sinnvoll, denn gleich danach geht es hinter einer Unterführung auf dem Weinlehrpfad hinter der Weinbaumanufaktur in Walporzheim ins Eingemachte. Eingemachtes ist ja immer mit Feuchtigkeit verbunden, wohl daher beginnt es wieder zu regnen. Über anderthalb km arbeiten wir uns, immer steiler werdend, an den Rotweinwanderweg heran, an den aufmerksame Leser sich erinnern werden. Solltest Du nicht dazugehören, liest Du den dritten Absatz eben nochmals.
 

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Mir macht die Steigung auch im finalen Abschnitt selbstverständlich überhaupt nichts aus, denn vorbereitet bin ich wie immer gut, diesmal jedoch ganz besonders zielgerichtet: Nach Düsseldorf habe ich konsequent ausschließlich flache Kurzdistanzen abgejoggt, lange, profilierte Läufe werden völlig überbewertet. Dazu paßt meine heutige Taktik, sie ist simpel und herausfordernd zugleich: die erste Runde wird getankt, auf der zweiten ausgenüchtert, um die (Auto)Verkehrsfähigkeit wieder herzustellen.

Trotz der immer trüber werdenden Aussicht bietet sich uns ein herrlicher Blick über jede Menge Weinberge bis über den Rhein hinweg und im weiteren Verlauf bis zum Westerwald. Ein wunderschönes Stück Deutschland ist das hier! Du warst noch nicht da? Dann hast Du wirklich etwas verpaßt, längst nicht immer sind die Veranstaltungen mit vielen tausenden Teilnehmern auch die attraktivsten und besten. Diese hier rechtfertigt zweifellos selbst eine weite Anreise, auch mit Familie und das am besten mindestens für das ganze Wochenende. Das meine ich ganz im Ernst und nein, ich bin nicht der Tourismusbeauftragte der Region!
 

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Viele der Weinlagen sind mit Hinweisen auf ihre Eigentümer versehen, da weiß man genau, wo leckeren Tropfen herkommen, die man an vielen Stellen im Tal kaufen kann. Als ich am Schild des Weinguts „Bier” vorbeikomme, muß ich erst einmal prusten, bevor ich den Auslöser verwacklungsfrei betätigen kann. Schon eine ganze Weile bin ich mit dem Dortmunder Frank Pachura unterwegs, der uns nicht nur mit seinen Büchern Freude macht, sondern vor allem auch mit seinen Videos, die er auf seinen Läufen dreht. Schon sein Erstlingswerk vom Ahrathon 2013 war eine feine Sache, der von diesem Jahr verspricht dank des Gastauftritts eines der bestaussehenden Läufer der westlichen Hemisphäre ein besonderes Meisterwerk, sicherlich oskarverdächtig, zu werden.

Für den mühevollen Aufstieg werden wir mit VP 2 bei km 6,1 durch die Weinmanufaktur Walporzheim und das Hotel Hohenzollern belohnt, wobei hier die Wildsalami durch leckere Laugenbrötchen mit Camembert ersetzt wird. Kulinarisch ist das Ergebnis mindestens genauso überzeugend. Genauso, wie auch die junge Dame, die mit ihrer Gitarre spanische Weisen zum Besten gibt und durchaus nicht nur etwas fürs Ohr ist. Wein gibt’s natürlich auch. Wie sagt der Hesse so schön? „Hopp, hopp, hopp, Schoppe inne Kopp!” Gesagt, getan, weiter gehtfs. Die Weingläser sind immer gut gefüllt, das Laufen beginnt leicht zu werden.
 

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Unten im Tal liegt der heute als „Römervilla” bekannte, gegen 259/60  n.  Chr. planmäßig geräumte römische Gutshof, der in der Spätantike als Herberge diente. Nach seinem völligen Verfall und der Bedeckung des Geländes mit Schutt und Geröll durch den direkt dahinterliegenden Silberberg entstand an diesem Platz ein frühmittelalterlicher christlicher Friedhof. Die besondere Bedeutung des beim Straßenausbau zufällig entdeckten und für die Öffentlichkeit konservierten Hauptgebäudes liegt in dem hervorragenden Erhaltungszustand vieler seltener Baudetails und Wandmalereien. Das ist wirklich sehenswert.

Links oberhalb im Wald befindet sich der „Regierungsbunker”, an dem wir knapp vorbeilaufen. Dieser war in den Jahren 1960 bis 1972 unter großer Geheimhaltung in einem Anfang des 20. Jahrhunderts gebauten Eisenbahntunnel als Ausweichsitz der Verfassungsorgane des Bundes im Krisen- und Verteidigungsfall zur Wahrung ihrer Funktionstüchtigkeit errichtet worden. Es ist eine 17,3  Kilometer lange Bunkeranlage, die im Kriegsfall als Ausweichsitz der Bundesregierung dienen sollte. Nach Ende des Kalten Krieges wurde sie aus Kostengründen stillgelegt und die Einrichtung der verzweigten Stollenanlage größtenteils abgebaut. Heute ist von dem teuersten Bauwerk der Bundesrepublik nur noch ein kleines Bunkerstück von 203  Meter Länge erhalten, welches in das Museum Dokumentationsstätte Regierungsbunker umfunktioniert und 2009 zum Europäischen Kulturerbe erklärt wurde.
 

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Der Regen wird immer stärker, schon lange habe ich kein trockenes Zipfelchen (keine blöden Bemerkungen jetzt, bitte!) am Leib. Wie bestellt und nicht abgeholt ragen plötzlich Brückenpfeiler im Adenbachtal zu unserer rechten auf. Es handelt sich dabei um Relikte einer nie fertiggestellten Bahnlinie, deren Anfänge zurück bis in die Zeit vor dem ersten Weltkrieg reichen. Der deutsche Generalstab hatte im Jahre 1910 im sogenannten "Schlieffenplan" bei einer eventuellen kriegerischen Auseinandersetzung mit Frankreich die Eifel als militärisches Aufmarschgebiet mit einbezogen und eine direkte Bahnverbindung vom Niederrhein und dem Ruhrgebiet unter Umgehung der Knotenpunkte Neuß/Düsseldorf und Köln zum Saargebiet und nach Lothringen geplant. Heute sind die Pfeiler als Kletterpark genutzt, wie wir später an den zahlreich daran angebrachten künstlichen Griffen erkennen können.
 

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An der Winzerkapelle (VP 3 bei km 9,3) werden wir vom Weingut Josten & Klein sowie dem Ringhotel Giffels Goldener Anker nicht nur kulinarisch, sondern auch wieder musikalisch von einem Gitarrenduo auf das Feinste versorgt. Ich sage nur: Nicht nur in vino, auch in musica veritas (im Wein/der Musik liegt die Wahrheit)! Im strömenden Regen quatscht mich einer an, den ich durch meine feuchte Brille zuerst an der Stimme erkenne: Unseren schreibenden, derzeit aber nicht laufenden Kollegen Joachim „Sesam” Ewen, der u.a. den ersten Bericht über den Ahrathon geliefert hatte. Mit was könnte man das unverhoffte Wiedersehen besser feiern als mit dem, was reichlich vorhanden ist? Gott sei Dank hat der Junge eine anfangs volle Flasche in der Hand.

Mittlerweile schüttet es wie aus Kübeln. Glücklicherweise bin ich jemand, der Unabänderliches gut akzeptieren und dem immer noch etwas Gutes abgewinnen kann: Das Naß ist wenigstens warm, wir frieren nicht. Und es ist bestimmt lustiger zu laufen, als wie Thorsten Holler, der Chef von eventfotografie24.de, im Regen unter einem Riesenschirm zu sitzen und seiner Arbeit nachgehen zu müssen. Zwei Streckenposten machen es vernünftig und sind in den Kofferraum ihres Autos geflüchtet, können aber den laufenden Reporter unverändert gut gelaunt durch die geöffnete Heckscheibe angrinsen. Den 11. km befinden wir uns auf dem Maubischpass in Richtung Lantershofen. Überregional ist dieser Ort für seine Kuchenspezialität, den Maubisch, bekannt. In früheren, obstlosen Jahreszeiten diente Maubisch mit seinem Aufstrich aus getrockneten Birnen der gesunden, ausgewogenen Ernährung der Bevölkerung. Diesen serviert man uns an VP 4 bei km 12,2 leider nicht, aber das Weingut Peter Lingen und der Royal Partyservice zeigen sich von ihrer besten Seite. „Leber an Großhirn: Wo bleibt der Alkohol?” Sie wird nicht enttäuscht.
 

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Sehr anstrengend ist ein steil talwärts in Richtung Ahrweiler abfallendes Stück auf dem 15. km. Gottlob läßt der Regen nach, am Himmel zeigt sich in einigen Wolkenlücken schüchtern das erste Blau des Tages. Unten angekommen, halten wir uns ein kurzes Stück parallel der Bundesstraße, bevor wir in die Ahrweiler Altstadt abbiegen dürfen. Die hat wirklich etwas für sich, mit Genuß erinnere ich mich an den schönen Staffelmarathon, den wir mit einer Mannschaft des VfL Waldbreitbach hier 2009 auf einer guten 1 km-Runde gelaufen sind.

In der Stadt beglücken uns an VP 5 bei km 16,7 das Weingut Kurth  und  das Hotel ”Am weißen Turm”. Wieder lassen wir es uns richtig gutgehen und verweilen ein paar Minuten schwätzchenhaltend. Hektik ist heute ein Fremdwort. Gut, nicht für absolut alle, aber wer das hier als Wettkampf läuft, hat m.E. etwas mißverstanden. Wie das in einer engen Altstadt so ist, haben wir ein paar scharfe Kurven zu nehmen, die im gemütlichen Marathontempo aber ganz anders ausfallen als bei meinen damaligen 1.067 m-Einsätzen. Durch das wunderschöne Tor der zu großen Teilen erhaltenen mittelalterlichen Stadtmauer verlassen wir das beschauliche Städtchen und kommen wieder ans Ufer der Ahr, das wir die nächsten etwa drei km flußabwärts in Richtung Rhein begleiten werden.
 

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Nachdem wir die Ahr erneut überquert haben und bevor es in den Bad Neuenahrer Kurpark geht, steht bei km 20,5 schon der sechste VP 6, nämlich der des Steigenberger Kurhotels. Wieder gibt es das volle Programm, ganz lecker sind die kleinen Croissants, die man uns wahrlich nicht aufdrängen muß. Nach dem Kurpark sind wir schon wieder an Start und Ziel, wo uns der Streckensprecher mit netten Worten und unter Hinweis auf meinen StaffelMarathon am 3. Oktober auf die zweite Runde schickt. „Hey, Wolfgang!” Ich freue mich, von Oliver Witzke, den Mitorganisatoren des Rheinsteig-Extremlaufs, an der Halbmarathonmarke angefeuert zu werden. Olli belebt übrigens auch in Hattingen den eingeschlafenen Eisenbahnlauf wieder: Am 03.04.2016 heißt es über 21,1 km wieder „Wo einst die Dampflok schnaufte.

Das ist das Angenehme für den laufenden Reporter bei einem Zwei-Runden-Kurs: Ist die erste Hälfte beschrieben, hat man schon fast fertig. Wie schön ist das erst bei einem Einundzwanzig-Runden-Kurs, wie bei unserem StaffelMarathon in Waldbreitbach am 3. Oktober! Im Ernst, der ist auch Einzelläufern offen und bietet für schlappe 10 € (bei Anmeldung und Bezahlung bis zum 31.07.) das volle Programm inkl. eines individuell getöpferten Bechers. Der läßt sich auch mit Ahrwein prima füllen, aber dafür fühlen wir uns leider nicht zuständig.
 

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Kaum bin ich die ersten Meter auf der zweiten Runde, stoppt mich VP 7 bei km 21,1: Das Weingut Sonnenberg und das Dorint Parkhotel Bad Neuenahr füllen die auf den letzten 600 Metern verbrauchten Kohlenhydrate wieder randvoll auf. Mannomann! Um es mal ganz deutlich zu sagen: Eine ganze Flasche Rebensaft habe ich bis jetzt intus, wenn ich so weitermachte – Gute Nacht, Marie!

Nach der Ahr-Überquerung kommen mir etliche Teilnehmer der Kostümwertung entgegen, eine Verkleidung ist netter anzusehen als die andere. „Salve Romani!” rufe ich den drei schmucken Römern zu, die mit sichtlich Spaß an der Sache dabei sind. Die zweite Runde wird dann deutlich ruhiger, aber keinesfalls einsam, denn ich bin nicht der einzige, der im vergleichsweisen Schneckentempo unterwegs ist. An den Verpflegungsstellen, wo ich mich jetzt ganz tapfer beherrsche (schließlich habe ich die Absicht, mit dem Auto wieder heimzufahren), trifft man sich spätestens erneut.

Jetzt, wo die Aussichten wieder besser geworden sind, kann man über Bad Neuenahr im Hintergrund auch gut die hohe Autobahnbrücke der A 61 erkennen. Robert André Gagnon aus Kanada schwärmt mir einen vor, wie schön es hier sei. Leider habe ich ihn fälschlicherweise als Franzosen verortet und daher nicht gefragt, was einen Kanadier so an die Ahr treibt. „Du läufst gleich auf ein paar Mädels auf, da ist die Burgundia dabei!” sagt mir Sesam, als ich ihn zum zweiten Mal treffe. Nun, die war es nicht, dafür aber zwei Königinnen, nämlich die örtliche und die Gebietsweinkönigin, die mich packen und zu einem gemeinsamen Foto zwingen. Gut, vielleicht war es auch umgekehrt.
 

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Und so genieße ich meine zweite, diesmal alkfreie Runde, freue mich über den einsetzenden Sonnenschein, über die musikalischen Darbietungen und vielen schönen Kostüme und die überall reichlich vorhandene gute Laune. Zurück in Ahrweiler stoße ich auf den Aachener Helmut Hardy, der, deutlich beschwingt, mit Thorsten Groetker unterwegs ist. Der hat noch keinen Marathon über vier Stunden beendet, heute lohnt es sich für ihn besonders, denn da wird am Ende die 5 vorne stehen. Ach, man gönnt sich ja doch nichts und so stoßen wir an VP 5 auf unser Wiedersehen an. So viel zur alkfreien zweiten Runde. In einem unnachahmlichen taktischen Schachzug nutze ich am letzten VP deren momentane Unpäßlichkeit zu einem überraschenden Antritt sowie fulminanten Schlußspurt, dem sie nichts entgegenzusetzen haben und ziehe beide noch brutal ab.
 

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Endlich habe ich also auch eine Medaille vom Ahrathon, die einen schönen Platz an meiner wall of fame erhalten wird. Die liebe Sonne bescheint das schöne Abschlußfest, als sei nichts gewesen. Was soll’s, besser so als anders herum. Roland Riedel und Sigrid Hoffmann, die beiden begnadeten Ultraläufer, sind auch eben erst eingetroffen. Roland aus persönlichen Gründen, die ich auf der Strecke immer wieder beobachten konnte, seine Frau Sigrid aus Fürsorgegründen für den frisch angetrauten Gatten. Abends bietet man noch das Abschlußfestival „Rock & Wein” mit u.a. fünf Stunden Live-Mucke. Für Programm ist also den ganzen Tag gesorgt.

Ganz im Vertrauen: Lange, profilierte Läufe werden doch nicht überbewertet. Trotz ordentlichen Auslaufens am Folgetag gehe ich am übernächsten Tag deutlich unrund, vor allem 4 Stockwerke treppab sind eine Qual für den fanatischen Aufzugsverweigerer. Der Leber geht’s besser. Ich freue mich schon auf den abendlichen Laufkurs: Wat mutt, dat mutt! Bis zum nächsten Mal bei Wein, Weib und Gesang!

Diesen Bericht gibt es auf marathon4you.de mit vielen zusätzlichen Fotos!

Frank Pachuras tolles Video des Laufes gibt es auf youtube.de!

Streckenberschreibung:
Sehr schöner 2-Runden-Kurs über 21,1 km mit jeweils 312 Höhenmetern entlang der unteren Ahr (Asphalt) und durch die Weinberge (Wirtschafts- und Feldwege)

Startgebühr:
Je nach Anmeldezeitraum 40 bis 55 € (bei Nachmeldung)

Weitere Veranstaltungen:
Halbmarathon, HM-Staffel, Zehner, Fünfer, Schülerläufe, Walking - also das ganze Programm

Auszeichnung:
Medaille, Urkunde übers Netz

Logostik:

Perfekt und qualitativ gut bei kürzesten Entfernungen

Verpflegung:
7 Verpflegungspunkte mit vielerlei Köstlichkeiten. Viel zu schade zum schnellen Weiter- oder gar Vorbeilaufen!