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5. Wilhelmsthaler Tierparkmarathon am 16.06.2021


Mehr als ein Trostpflaster 13.0: Vertriebene im Wald

Als ich die Fotos sah, war ich hin und weg: Traumhafte Bilder hatte Bernd Neumann, mehr oder weniger freiwillig emeritierter Reporterkollege von Marathon4you.de, auf seiner Homepage eingestellt. Noch begeistert vom Schloßparkmarathon in Brühl war die Teilnahme in Calden bei Kassel direkt beschlossene Sache. Ok, drei Stunden einfache Fahrt sind nicht ohne für eine Eintagestour, aber die Aussicht auf Augenbalsam und den Bernd endlich mal wiederzusehen, war zu verlockend.
 

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Aber wie so oft im Leben wird man schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Nein, der Bernd bleibt mir erhalten, aber der Schloßpark Wilhelmsthal ist wegen einer kommerziellen Gartenveranstaltung gesperrt worden. Alternative: Der benachbarten “Tiergarten”, den er als separaten Marathonlauf anbietet. Na ja, das ist schon enttäuschend, aber was willst Du machen? Zugesagt hatte ich, also gibt es keinen Rückzieher. Und Markus ist schließlich auch als Mitläufer dabei, also frisch auf ins Auto gesetzt und früh um halb Sieben in den hessischen Norden gedüst. Das Gute noch dabei: Das Wochenende wird nicht tangiert, denn heute ist Mittwoch. Überstunden habe ich genug, daher werden diese klug investiert.
 

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Die anderen Teilnehmer sind bereits gestartet, als ich planmäßig um halb Zehn eintreffe, bzw. starten erst nach der Arbeit. Bernd empfängt mich erfreut und mit großem Hallo, auch Markus wartet aufs Loslaufen. Das große Schwätzchen verschieben Bernd und ich auf später, jetzt wird erst einmal etwas geleistet. Der Weg, übrigens maximal einfach zu finden, ist mit blauen Pfeilen markiert. Eine Halbmarathonkurs besteht aus vier großen Runden á 4,49 km und einer kleinen á 3,33 km. Wir beschließen, zuerst die acht großen abzuarbeiten und als Kür die beiden kurzen dranzuhängen. Immer den blauen Pfeilen nach, Attacke!
 

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Kaum gestartet biegen wir rechts um die Ecke auf eine lange, einen guten km währende  Gerade, nach der wiederum rechts abgebogen wird. Als wir die gleiche Länge hinter uns haben, geht’s rechts am Waldrand entlang mit schönem Blick auf Calden und den Kasseler Flughafen, ein trauriges Beispiel politischen Größenwahns und Millionengrab. Hier wird richtig Steuergeld versenkt, aber deren Beispiele gibt es ja noch mehr. So ist das, wenn vermeintliche Provinzfürsten meinen, einen “eigenen” Flughafen haben zu müssen. An attraktiven Feldern voller Klatschmohn vorbei kommen wir recht flott zum Ausgangspunkt zurück. Mit Markus in Dauerquasseln vertieft, fliegen die km geradezu an uns vorbei.
 

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Lecker und reichlich ist die Verpflegung aus dem eigenen Kofferraum, vor allem bei der sich steigernden Wärme. Glücklicherweise habe ich genug zu trinken dabei und kann saufen wie ein Kamel. Wobei wir bei den Tieren wären. Weshalb eigentlich Tiergarten? Wikipedia klärt uns auf: Die Gartenanlage wurde als fächerförmiges Dreiachsensystem geplant und ist selbst in eine größere landschaftliche Komposition eingebettet, die im Westen und Osten durch je ein Lindenrondell den Abschluss findet. Die Mittelachse war als wasserführender Kaskadenlauf gedacht, der in das ursprünglich in strenger barocker Symmetrie eingefasste Schlossbassin mündete. Die Ausführung wurde teilweise umgesetzt. Durch den Siebenjährigen Krieg kamen die Arbeiten zum Ruhen. Um 1800 wurde der Park zu einem Landschaftspark mit lockerer Bewaldung weiterentwickelt und das Bassin einem natürlich entstandenen Teich im Grünen angepasst. Die Kaskaden wurden zugeschüttet, und aus den Steinen der Kaskaden der Mittelachse wurde ein gotisierender Aussichtsturm gebaut. In einem langgestreckten Hügel der Nordachse befindet sich der ehemalige Eiskeller, in dem in den Wintermonaten Eis eingelagert wurde, um im Sommer als Kühllager zu dienen. Aus der Anfangsphase ist heute nur noch die Grotte erhalten, die das Glanzstück der Südachse darstellt. Sie wurde von dem Bildhauer Peter Laporterie geschaffen, der sie mit Muscheln und Glas reich dekorierte. Ursprünglich waren über die Parkanlage verteilt vergoldete Putten aufgestellt. Die aus Bleiummantelung und Kolophoniumwachsfüllungen bestehenden Skulpturen leiden unter Witterungsänderungen, so dass heute nur die besterhaltenen die Balustrade der Grotte zieren. Der vor der Grotte als Bestandteil der Südachse liegende Kanal mit den Wasserspielen wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg rekonstruiert. In östlicher Verlängerung der Südachse liegt – direkt hinter der Grotte – das (zugewachsene) Wasserreservoir der Wasserspiele. Weiter östlich liegt der Ententeich mit der aus grob gebrochenen Felsen errichteten Enteninsel. Nicht mehr erhalten ist das auf der Enteninsel errichtete Entenhaus in chinesisch anmutender Bauweise. So, jetzt wißt Ihr Bescheid.
 

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Auf der siebten der acht großen Runden signalisiert Markus, daß das heute nicht sein Tag ist. Ab und an ist jetzt Wandern angesagt, was mir, ehrlich gesagt, weniger behagt. Daher beschließen wir, unseren temporären Gleichschritt aufzulösen und das unterbrochene Schwätzchen im Ziel fortzusetzen. Nach der achten Runde darf ich vorzeitig auf die kurze abbiegen und recht flott ist auch diese zum zweiten Mal abgearbeitet. Bernd empfängt mich mit einem kühlen Blonden im Ziel, das ich in diesem Augenblick tatsächlich einer heißen Blonden vorziehe. Bis Markus im Ziel ist, haben dann Bernd und ich die vergangenen Jahre in Kurzform aufgearbeitet und mit einigen weiteren Mitstreitern wird das Gespräch sehr kurzweilig fortgeführt. Leider muß ich noch drei Stunden heimfahren, weshalb ich mich irgendwann schweren Herzens lösen muß. Schön war es, auch wenn mir der schöne Schloßpark heute verwehrt blieb. Aber der läuft nicht weg.

Natürlich ist dieser Lauf wie alle anderen durch 100MC-Mitglieder angebotenen kostenfrei. Bernd bittet trotzdem um eine Spende, aber nicht für die eigene Tasche. Lassen wir ihn doch selber zu Wort kommen: “Für jeden Teilnehmer spende ich bei Aktion Baum 2 Bäume. Wir sind schon bei 620 Bäumen. Damit sind wir schon 62 % zu meinem gesetzten Ziel. Danke auch für die Extra-Spenden für mehr Bäume.” Gut gemacht, lieber Bernd, bis hoffentlich bald mal wieder!