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Grafenwerther Insellauf am 29.01.2012


"Sprint" zum Saisonbeginn

Jaja, ich höre ich Euch schon lästern: "Wie kann man nur so bescheuert sein, 8 Tage nach einem Marathon schon den nächsten Wettkampf zu machen?". Nun ja, der erste Marathon in diesem Jahr, gelaufen im Dreierteam in Leipzig, hat mich erfreulicherweise nicht völlig gefordert und noch setzt die Regeneration bei mir flott ein, so daß die Wehwehchen schnell wieder verschwunden waren. Dadurch, daß ich in letzter Zeit so alle vier bis fünf Wochen einen Marathon laufe, komme ich kaum noch dazu, an dem einen oder anderen Volkslauf teilzunehmen. Gut, ein 08/15-10er lockt mich, ehrlich gesagt, kaum noch hinter dem Ofen hervor, aber anders ist dies beim Insellauf. Erstens ist er in unserer Region um diese Zeit praktisch konkurrenzlos und Dank seiner  fast brettebenen 15 km Länge eine ideale Gelegenheit zu einem Tempodauerlauf. Was ich halt so Tempo nenne. Alles ist bekanntlich relativ.

Klasse ist die Möglichkeit, bereits zwei Tage vorher in einem Bad Honnefer Laufladen seine Startunterlagen abzuholen. Diese Gelegenheit nehme ich auf dem Nachhauseweg von der Arbeit gerne wahr, gibt sie mir und Josef, der mich mal wieder begleitet, die Gelegenheit, am Lauftag auf den letzten Drücker anzureisen und die Abwesenheit von zuhause familienfreundlich auf ein Minimum zu begrenzen. So sind wir 18 Minuten vor Rennbeginn "fertig aufmunitioniert" am Parkplatz, nutzen die paar Meter ins Königswinterer Stadion schon zum Einlaufen, hängen noch vier Stadionrunden dran und sind pünktlich zum Start um 10 Uhr warm und voller Tatendrang. Was werde ich laufen können? Im letzten Jahr habe ich nicht ein einziges Intervalltraining gemacht und durch die vielen langen, langsamen Läufe wird man auch nicht wirklich spritzig. Aus meiner Teilnahme 2008 habe ich eine 1:07:20 stehen, die ist bestimmt in weiter Ferne. Unter 1:15, also einem 5er Schnitt, muß es aber schon sein, 1:10 würde ich gerne laufen, das wäre ein km-Schnitt von 4:40. Schaun mer mal.

Insellauf_2012_Start (1)

Einen Startschuß höre ich nicht, aber die Meute setzt sich pünktlich in Bewegung. Nichts wie hinterher. Rund 400 Teilnehmer (391 Finisher) verstopfen die Bahn doch erheblich und auch bei zweieinhalb Runden (erst nach dem ersten km geht es auf die Rheinpromenade) zieht sich das Feld nicht so weit auseinander, daß ein völlig freies Laufen möglich wäre. Etwas Gutes hat es doch, denn es verhindert ein Überziehen, denn - hinterher abgelesen - bin ich auf dem ersten km mit 4:37 passend unterwegs. Als ich anderthalb Runden unterwegs und an exakt der Stelle bin, wo man das Stadion verlassen muß, überholt mich das Führfahrrad mit dem Spitzenläufer und - biegt nicht ab! Hallo? Vielleicht hätte man dem Kameraden mal vorher sagen sollen, daß nicht dreieinhalb, sondern zweieinhalb Runden im Stadion zurückzulegen sind. Ich habe ihn auf der Fahrt noch fragen hören... Also hat die schwarze Gazelle wohl 15,4 km zurückgelegt, aber ihr Vorsprung war so gewaltig, daß es darauf auch nicht mehr ankam.

Nach einem km darf dann auch ich das Stadion verlassen, es geht eine kleine Rampe hoch, scharf rechts ab, dann wieder links und schon winkt Vater Rhein. Kantapper kantapper geht auf dem Rad- und Fußweg rheinaufwärts zunächst durch Königswinter. Ich versuche, mein Tempo zu finden, und das fällt mir erstaunlicherweise recht leicht. Ohne mich total gehetzt zu fühlen, verlaufen die nächsten 5 km in etwa gleichmäßigen 4:32 min/km. Auf dem sechsten km bin ich total erstaunt, vergleichsweise langsame Läufer (keine vorher gestarteten Nordic Walker!) MIT Startnummer zu überholen. Hierfür gibt es nur eine Erklärung: Bei dem großen Vorsprung sind die bereits nach der ersten halben Runde auf die Strecke gegangen und haben sich zwei Stadionrunden "gespart". Unterstellen wir mal, daß sie sich geirrt haben. Trotzdem ist es komisch, daß die am Stadionausgang stehenden Offiziellen sie so früh herausgelassen haben.

Bei etwa km 6 steht mein Kollege Ralf als Helfer des ausrichtenden SSF Bonn - Danke ihm und seinen Kameraden! - und hat neben einem Becher warmen Tees auch ein paar aufmunternde Worte übrig. Das freut und motiviert, zumal es gleich dahinter scharf rechts ab und über eine Brücke über den Seitenarm des Rheins geht, der das "Festland" von der Insel Grafenwerth trennt. Wohlvertraut ist sie mir, denn beim Rheinsteig-Extremlauf ist sie nach 34 km und 1.200 Höhenmetern das Ziel. Heute nicht, wir drehen, bis wir wieder auf dem Rückweg sind, eine knappe 2 km lange Schleife über sie. Ralf, Tee und warme Worte wiederholen sich und bald schon ist die 10 km-Marke nach geringfügig über 45 min. erreicht. Ich warte auf den Einbruch, der aber kommt nicht.

Erstaunlicherweise werde ich seit dem dritten km auch nicht mehr überholt und überhole selber fast nicht. Dies spricht dafür, daß die Läufer meiner Preisklasse sich und ihr Leistungsvermögen gut kennen und die Strecke vernünftig einzuteilen vermögen. Bei km 13,5 stehen unsere Freunde von eventfotografie24.de, genauer gesagt Birgit Holler, und entlockt mir ein erfreutes Grinsen.

Insellauf_2012_13,5km (1)
Insellauf_2012_Ziel (1)

Um den ersten Stadion-km auszugleichen, ist von 13,5 bis 14,5 km noch eine Schleife am Stadion vorbeizulaufen, bevor es über die Rampe zurück auf die Tartanbahn geht. Auch im Zielsprint werde ich nicht niedergemacht (mit dem Sprinten hält es sich bei mir allerdings in engen Grenzen) und so laufe ich nach 1:08:27 ins Ziel, nachdem auch Thorsten Holler noch sein Motiv abgeschossen hat. Platz 92 von 391 Läufern m/w und 14. von 56 der M 50.

Mit dieser kaum für möglich gehaltenen Zeit bin ich hochzufrieden, zumal ich mich nicht völlig platt fühle. Mal schauen, vielleicht gehe ich doch noch einen Marathon trotz des Fotografierens gezielt auf Zeit an und quäle mich ein paar Wochen mit Intervallen. Könnte sich lohnen, denn z.B. am 1.4. auf Föhr wartet ein sehr flacher Kurs. Aber auch ein windanfälliger. Trotzdem wäre es ein Experiment wert. Zielgröße wäre dann etwa eine 3:45, wofür ich die Beine aber gewaltig in die Hand nehmen müßte und weitestgehend nur aus dem Laufen heraus knipsen dürfte. Wenn es die Kamera technisch hergibt, wird beides ausgiebig geübt, sobald es wieder wärmer geworden ist.