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Mainz-Marathon am 03.05.2003

 

Zum zweiten mal über die 42,195 km

Mein zweiter Versuch über die Marathondistanz sollte unter angenehmeren Umständen als im Siebengebirge verlaufen: warm und über einen flachen Stadtkurs.

Von meinem ersten Versuch hatte ich mich gut erholt. In Zündorf war ich drei Wochen vorher meinen ersten Halbmarathon in ansprechender Zeit (knapp 1:38 Std.) gelaufen und schielte so ein wenig in Richtung 3:30 Std. Meine frische HM-Zeit und der Kurs nährten diese Hoffnung.

Mit großer Mannschaft (fünf Läufer, dabei wieder Hans-Peter, der mit mir meinen ersten Marathon gelaufen war, und mehrerer Begleitpersonen) reisten wir am Morgen in Mainz an. In Mainz-Castel hatten wir bei Hans-Peters Bruder und seiner Frau eine tolle Anlaufstelle. Diese hatten bereits die Startunterlagen besorgt, so daß wir uns nur noch aufs Laufen konzentrieren mußten. Zum ersten mal bei einem großen Stadtmarathon dabei, das hatte schon was!

Am Start fallen mir viele Läufer(innen) in gelben Trägerhemden auf, an denen reges Medieninteresse besteht. Es sind die Teilnehmer(innen) der SWR-Aktion “Von Null auf 42”, die sich innerhalb von 12 Monaten vom Nicht- bzw. Fast-nicht-Läufer auf den New York-Marathon 2003 vorbereiten und hier ihren Halbmarathontest absolvierten. Mit dabei ist auch Iris Gehrmann, die ein sehr spannendes Buch über ihre Erlebnisse geschrieben hat. Ich fühle mich in  meinem Eindruck bestätigt, daß man damit sicherlich viele Leute zum Laufen animieren konnte, die Protagonisten selber aber Schauspieler einer Doku-Soap waren. Und die sportlich z.T. überfordert waren, was den Machern aber vermutlich nicht so wichtig war. Obwohl ich selbst innerhalb von rund 1,5 Jahren meinen ersten Marathon lief (und dabei nie gesundheitliche Probleme hatte), zeigte sich hier, daß in der Regel eben deutlich mehr Zeit als 12 Monate vergehen sollten, um Sehnen, Bänder & Co. ausreichend Zeit zum Eingewöhnen zu geben.

Nach erfolgtem Massenstart standen auf der ersten Fußgängerbrücke  meine Frau Elke und auch Hans-Peters, die wir ohne Absprache (!) doch tatsächlich entdeckten! Das Winke-Winke am Anfang motivierte bereits erheblich. Wir ließen es laufen und ich genoß zum ersten mal Zuschauerspaliere. Spannend der Durchlauf durch das Werksgelände von Schott, die sogar einen eigenen Verpflegungsstand aufgebaut hatten.

Hans-Peter und ich liefen recht gleichmäßig, aber ohne den letzten Druck. So spulten wir km um km ab, um die HM-Marke etwa bei 1:49 Std. zu nehmen. Hans-Peter, ehrgeizig und leider auch leistungsfähiger wie immer, meinte, jetzt sollten wir uns sputen, um noch an die 3:30 Std. heranzulaufen. Was wir dann auch versuchten. Die nächsten km notierten Zeiten beständig unter 5 Minuten, denn es galt ja, vier Minuten wieder hereinzulaufen. Oh, welch Selbstüberschätzung! Aber klar, das ist halt der Ahnungslosigkeit und Unerfahrenheit geschuldet. Und gut über 20° hatte es auch.

Mainz_1

Über die langweilige Strecke zum Weisenauer Industriegebiet, die Theodor-Heuss-Rheinbrücke und die im Hessischen liegenden Stadtteile führte uns der Kurs und wieder zurück. Am Ende der zweiten Brückenüberquerung stand ein Ü-Wagen des übertagenden SWR, wo wir, wie es sich gehört, dämlich in die Kamera grinsten und winkten. Tatsächlich durften wir uns dann in der aufgezeichneten Übertragung bewundern... Kurz danach sollte und unser Lauftreffleiter Peter, der verletzungsbedingt selber nicht antreten konnte, neue Getränkeflaschen übergeben. Der war aber über unsere überraschend gute Durchgangszeit so geplättet, daß er die Übergabe noch gar nicht vorbereitet hatte.

Noch vor dem zweiten Durchlauf des Schotter Werksgeländes packte Hans-Peter den Turbo aus und ich konnte nicht mehr folgen, lief aber weiter ordentliche Schnitte. Um so erstaunter war ich, daß er etwa bei km 30 wieder von hinten auf mich auflief. Nanu, war ich plötzlich so schnell geworden? Leider nein, seine Pinkelpause hatte mich ihn wieder kurzzeitig überholen lassen. Und schon war er wieder fort, ein Mithalten unmöglich. Unterwegs war es mir eine große Freude, meine Schwester Jutta plus Familie als Fans an der Strecke zu haben, die meinen Akku zumindest mental wieder teilweise aufluden.

Ja, jetzt wurde es schwer. So ganz allein und schon ziemlich ausgelutscht. Nach km 36 fiel ich dann ab. Brauchte ich für 37 und 38 noch rund 20 Sekunden mehr, konnte ich die letzten 4 km nur mehr stolpern. Zumindest fühlte es sich so an. Trotzdem blieb ich aber, auch über die unangenehme Kopfsteinpflasterstrecke im Altstadtbereich, unter 6 min./km.

Mainz_2

Im Ziel war ich dann nach 3:38:45 min, womit ich für den zweiten Marathonlauf sehr zufrieden sein konnte. Schließlich lief ich zu diesem Zeitpunkt gerade mal zwei Jahre! Aber platt war ich, frage nicht nach Sonnenschein. Sehr viel später meinte Elke, sie hätte mich unmittelbar nach dem Lauf kaum wiedererkannt. Ganz lieb war, daß Hans-Peters Schwägerin und Bruder uns noch zu sich in den Garten einluden (zu Fuß hin, o shit), wo wir die ersten Wiederbelebungsmaßnahmen weiter verstärken konnten. Zufrieden ging’s wieder heim. Die Erinnerung an den Zustand meiner Beine in den folgenden Tagen habe ich offiziell verdrängt...