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12. 50 km-Ultramarathon am 29.01.2011
In der guten Stube der Ultraläufer
Fotos: Klaus Duwe (soweit nicht anders bezeichnet)
Man lernt ja auch als alter Sack immer noch dazu. Wenn man so das Laufen beginnt, macht man das zunächst, so auch ich, üblicherweise bei kommoder Witterung mit steigenden Umfängen und kommt irgendwann zum Marathon. Und dann ergibt sich eine Situation, in der man nicht kneifen kann und findet sich Anfang Januar im tiefsten Winter mit Gleichgesinnten (?) in Kevelaer wieder. Läuft dann noch in Biel und bildet sich ein, damit in den Kreis der Ultraläufer vorgestoßen zu sein. Aber so richtig ist man eigentlich doch erst dabei, wenn man, quasi in der guten Stube der Ultraläufer, nahe der Wiege der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung (DUV), also im hessischen Rodgau/Dudenhofen, 10 Runden im Wald gedreht hat.
Wie schon im vergangenen Jahr in Kevelaer, nutzen einige, diesmal 10, der regelmäßigen marathon4you.de-Autoren einen Rundenlauf zur „Jahreshauptversammlung“ und beschnuppern sich und andere (mal wieder) persönlich. Nach dem Lauf werden wir uns gemütlich einquartieren, ein Büffet leerräumen und erst am Sonntag nach dem Frühstück wieder der jeweiligen Heimat und neuen Taten entgegenstreben.
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Angesichts der Startzeit von 10 Uhr und einer „nur“ gut anderthalbstündigen Anfahrt reise ich direkt am Lauftag an. Und es ist genau so, wie immer wieder beschrieben: Proppevolle Halle, gute Laune und Vorfreude allerseits. In Anbetracht von 75 Übernachtungsgästen in der Sporthalle haben sich die Veranstalter entschlossen, die Startnummernausgabe ins nahe gelegene Vereinsheim eines Tennisclubs zu verlegen. Marathon4you.de-Autoren genießen hier den Luxus, ihren „Chef“ vorgeschickt zu haben, um alle Unterlagen abzuholen und an uns zu verteilen. So brauche ich nicht anzustehen.
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Endlich treffe ich auch mal die selbsternannte „Lahmsogge“ Prof. Dr. Hans Drexler alias (Power-)Schneggi, der mit seinen launig geschriebenen Laufberichten allgemeine Heiterkeit erzeugt. Zefix kruzidürken, reißt der Tübb schon wieder einen Mara runter, echt subba. Bligg frei geradeaus schlabbt er die Laufstregge lang, holyshit, das ginge auch schneller, echte Lahmschnegge, muhahahaha! Der Mara-für-4-Treter wird dann versuchen, ihn gnadenlos zu versägen.
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Und der Ort zum Versägen ist schnell beschrieben: Auf der 5 km-Runde gibt es nach etwa 800 Metern durch den Wald einen Verpflegungsstand mit allem, was das Läuferherz begehrt (auch warme Getränke!). Danach führt der Weg über freies Feld in ein zweites Waldstück, das eine kurze Begegnungsstrecke mit Wendepunkt beinhaltet. Mit Austritt aus dem Wald geht es wieder über Feld in das erste Waldgebiet zurück zum Start-/Zielbereich. Hier rasselt „Frau Werwolf“, ganz eingefroren, mit den Ketten (langjährige SWR 3-Hörer wissen Bescheid!). Frau Werwolf, auch bekannt als Gabi Gründling, kommentiert das Renngeschehen traditionell erst vor, dann aus einem Wohnmobil heraus und hat für fast jeden einen netten Spruch parat.
Punkt 10 Uhr wird bei strahlendem Sonnenschein, aber knackigem Frost, gestartet. Ich halte mich zurück. Ein gleichmäßiger 6er-Schnitt ist angesagt, ankommen in knapp 5 Stunden, das wär’s doch. Zielschluß ist nach 6 Stunden. Allerdings hat der RLT Rodgau vor dem Finishen eine besonders hohe Hürde aufgebaut: jeder Läufer muß seine Runden selber zählen, die erste echte Herausforderung des Tages...
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Markus Pitz wird mich heute den ganzen Lauf begleiten, auch Daniel Steiner und Klaus Sobierey nehmen ab und an mal einen Gang heraus und unterhalten uns prächtig. Als Lehrer Daniel vom Schweizer Schulsystem erzählt, gibt es gleich einige interessierte Mithörer. Die Verpflegungsstelle, am Waldausgang gelegen, kommt schnell, ich sehe aber noch keinen halten. Bald danach geht es erstmals in die Sonne, die tatsächlich schon schön wärmt. Sehr angenehm, so Ende Januar! Die erste Passage über freies Feld ist wohl normalerweise windanfällig. Wir haben Glück, erst auf unserer letzten Runde geht ein strammer Ostwind, der durch die nassen Klamotten fährt.
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Vorbei an einem Spargelfeld sieht man, gerade in der Anfangsphase, die Läufer wie auf einer Perlenschnur aufgereiht, wieder in den Wald eintauchen. Ein schönes, buntes Bild. Klasse machen sich da unsere neuen orangen, heute erstmals eingesetzten, marathon4you-Mützen, da kann man die Kollegen im Feld leicht ausmachen. Kurz nach km 2 laufen wir dann auf die Erste Hilfe-Station zu, die von den Maltesern besetzt ist. Und weil die nix zu tun haben, spielen sie für sich und uns lautstark nette 60er Jahre-Hits. Da geht es doch gleich nochmal etwas leichter, zumal man nach dem Wendepunkt bald schon ein zweites Mal daran vorbeikommt.
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Rechterhand steht ein Hochsitz, von dem aus Norbert Wilhelmi später für die RW Fotos schießen wird. Unser Klaus taucht auch immer wieder auf und sorgt für schöne Erinnerungen, die schon am Samstagabend online waren. Wir sind vielleicht nicht alle die Schnellsten beim Laufen, ganz bestimmt aber beim Berichten! Wieder im Wald, stoßen wir auf einen hohen, bedrohlich wirkenden Zaun. Das Opel-Testgelände erinnert in diesem Bereich deutlich an so manche Einrichtung meiner „Firma“, nur der Hinweis „Vorsicht, Schußwaffengebrauch!“ fehlt. Nach einer kurzen Feldpassage tauchen wir wieder in den Wald ein und die erste Runde ist im Sack.
Eigentlich sollte das heute ja mein 50. Marathon und länger geworden sein („Ein Fünfziger als Fünfzigster“), aber auf dem Weg zum Decke Tönnes-Marathon im Dezember hatte ein Postauto (gilt für die kein Rechts-vor-Links?) meine Ambitionen jäh beendet. Shit happened. Egal, Hauptsache, es gab zumindest keinen Personenschaden und die Postversicherung hat gezahlt. So wird dieses Ereignis von epochaler Tragweite eben an einem anderen, ebenfalls herausragenden, Ort stattfinden. Seid gespannt darauf!
Die nächsten Runden laufen fast wie von selbst. Die Auszeit nach meinem Marathon-„Burn Out“ im Oktober hat mir offensichtlich gut getan. Jedenfalls konnte ich trotz der widrigen Wetterumstände seit Dezember wieder lange Läufe gut wegstecken, insbesondere ein 35er am vorletzten Wochenende verlief sehr ermutigend. Getestet wird heute übrigens ein neues Zeitmess-System, das bisher in Europa bei keinem vergleichbaren Lauf eingesetzt wurde, zuletzt aber in New York und Chicago härteste Belastungen erfolgreich bestand. Dieses wird ca. 200 Veranstaltern aus ganz Deutschland und der Ultra-Fachpresse vorgestellt. Der gesamte Rennverlauf wird dabei von der Platzierung her an der Strecke und in der TSV Halle aktuell auf Großbildschirm übertragen.
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Ich muß allerdings zugeben, daß es spätestens auf der sechsten Runde zäh zu werden beginnt. Scheinbar ist die lange Pause doch nicht spurlos an mir vorübergegangen. Absolut bewundernswert sind die schnellen Hirsche, männliche wie weibliche, die mit Leichtigkeit an mir vorbeiziehen. Tatsächlich beginne ich mich jetzt schon nicht nur aus kulinarischen Gründen auf die Verpflegungsstation zu freuen. Nein, es ist einfach angenehm, für ein paar Sekunden Gehpausen einlegen zu können. Natürlich mache ich das hauptsächlich, um keinen Tee zu verschütten… Mann, schmeckt der klasse, eine echte Wohltat! Lecker sind auch die angebotenen Knabbereien. Hier weiß man, was uns gut tut!
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Anfangs der achten Runde feuert uns meine Schwester Jutta aus dem nahe gelegenen Bruchköbel an. Glücklicherweise ist sie selbst sportlich aktiv und läuft etwa einen km mit, so muß ich zum Austauschen der letzten Neuigkeiten nicht stehenbleiben. Tja, und dann muß ich mal wieder von Opa Feller berichten. Der Mann ist ein Phänomen: Franz läuft mittlerweile in der M 75. Gut, beim Laufstil gibt es Abzüge in der B-Note, aber der Mann ist zäh ohne Ende und hat immer einen flotten Spruch drauf. Ich habe als fast ein Vierteljahrhundert jüngerer Läufer Mühe, ihm eine Runde abzunehmen. Das ist vorbildlich, Franz, gerne wäre ich in meinem späteren Leben so gut drauf wie Du!
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Interessant ist auch zu sehen, wie viele Lauffreunde „unseren“ Schweizer Kameraden Daniel kennen. Er versucht, Markus und mich auf den letzten km aufzuheitern, aber von uns beiden kommt nicht mehr viel außer dem einen oder anderen „Hmmm“. Der gute Kerl versteht, macht sich vom Acker und überläßt uns richtigerweise unserem Schicksal. Mehr als sechs Minuten nimmt er uns auf den letzten 4 km ab, Respekt, mein Lieber!
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Kurz vor dem Ziel will ich als großzügige Geste (nein, eigentlich bin ich ja froh, nicht abgehängt worden zu sein…) Markus den Vortritt lassen. Er stoppt aber kurz ab, packt meine Flosse und Hand in Hand laufen wir nach 4:56:15 Std. ein. Dieser taktische Fehler wird natürlich sofort bestraft. Um zwei hundertstel Sekunden wird er von mir geradezu deklassiert. Man sollte eigentlich nicht mit Amateuren laufen.
Wäre es richtig, jetzt ganz nach Achim Achilles‘ letzter Kolumne zu resümieren: Rundkurs des Grauens? Nein, das ist Rodgau ganz bestimmt nicht. Es ist eine schöne, sehr gut organisierte Veranstaltung, bei der man als höchst durchschnittlicher Läufer mal die Crème des Ultralaufs in Aktion sehen kann. Und das sowohl beim Überholtwerden als auch auf dem interessanten Wendepunktabschnitt. Wer hier beim Winterlaufen durchhält, den kann im späteren Jahresverlauf bestimmt nichts mehr erschüttern.
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Und so feiern die bereits namentlich Genannten mit den weiteren Autoren Angelika Abel, Eberhard Ostertag, Bernie Manhard, Klaus Klein und natürlich „Cheffe“ Klaus Duwe anschließend fröhlich Jahreshauptversammlung, die erst am nächsten Morgen nach dem Frühstück beendet wird. Halt! Da war noch einer dabei, dessen Namen ich doch glatt vergessen habe. Der fiel schon morgens in der Halle mit einer Bierflasche in der Gesäßtasche seiner Jeans auf, und zum Essen kam er auch immer zu spät. Zum Ausgleich lag er dafür nachts mit fremden Frauen in der Sauna und belagerte die Bar bis zum frühen Morgen. Wer dieses schwierige Rätsel löst und mir als erster eine Mail mit seinem Namen schreibt, erhält am 3. Oktober als Einzelläufer einen Freistart beim www.staffelmarathon.info in Waldbreitbach (leider schon vergeben!).
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Streckenbeschreibung: Flacher, vermessener und bestzeitfähiger Einrundenkurs mit einer kleinen Wendeschleife.
Startgebühr: 25 bis 30 €, je nach Anmeldezeitpunkt.
Rahmenprogramm: Kostenlose (!) Übernachtung mit ebensolchem Frühstück in der Sporthalle möglich, Startnummernausgabe im benachbarten Tennis-Clubhaus. „Ultra-Kaffeeklatsch“ und Siegerehrung in der Sporthalle.
Weitere Veranstaltungen: Keine, aber ein gewerteter Ausstieg ist nach jeder Runde möglich. Mannschaftswertung für jeweils 3 Läufer m/w eines Vereins.
Auszeichnung: Urkunde (sofort und online), Pokale und Sachpreise für die Schnellsten.
Logistik: 850 Meter zwischen Startnummernausgabe und Start-/Zielbereich). Wertsachenaufbewahrung beim Veranstalter, geschützte Gepäckaufbewahrung für Wechselkleidung am Start-/Zielbereich. Umkleide/Duschen in der Turnhalle des TSV Dudenhofen (Frauen) und im ca. 400 m entfernten Sportzentrum Dudenhofen (Männer und Frauen, Wasser saukalt).
Verpflegung: Nach ca. 800 m mit allem, was das Herz begehrt. Ganz wichtig und toll der warme, süße Tee.
Zuschauer: Nur einige wenige an Start/Ziel.
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