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17. Rom-Marathon am 20.03.2011


Tutte le strade portano a Roma

Warnhinweis: Die folgend verwandten lateinischen Weisheiten sind garantiert abgekupfert, hemmungslos geklaut, vollständig plagiiert und weitestgehend unbelegt. Einen tränenreichen Rücktritt im Stile meines obersten Ex-Chefs lehne ich ab.

Alle Wege führen nach Rom, dem Zentrum der antiken Welt. Selbstbewußt dokumentierten dies die damaligen Bewohner, indem sie auf dem Forum Romanum, dem antiken Zentrum des politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und religiösen Lebens, einen „Goldenen Meilenstein“ (Milliarium Aureum) in Form einer sieben Meter hohen Säule aufstellten. Und behaupteten, von hier aus begännen alle Straßen der Welt bzw. führten dort hin. Wie dem letztlich auch sei, dieser Spruch ist noch heute in aller Munde, das diesjährige Motto und deshalb zudem der Titel meines Berichts über den zumindest optisch herausragendsten Stadtlauf, an dem ich je teilgenommen habe.

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Endlich erfüllen Elke und ich uns den schon lange gehegten Wunsch und statten der ewigen Stadt erstmals einen Besuch ab. Se non ora, quando? Wenn nicht jetzt, wann dann? OK, das war jetzt (noch) italienisch… Was gibt es Schöneres, als Laufen und Besichtigung so perfetto zu kombinieren? Schon am Donnerstagabend reisen wir an und bleiben bis Dienstagabend, um auch ohne Startnummer und unverschwitzt in aller Gemütsruhe die bedeutendsten Sehenswürdigkeiten anschauen zu können.

Am Flughafen Fiumicino kommen wir um 20.30 Uhr an und müssen erst einmal eine Dreiviertelstunde auf die Gepäckausgabe warten („Isse normale!“), finden dann aber rasch den Leonardo-Express (Bahn), der uns zügig zum Hauptbahnhof Roma Termini bringen soll. Dafür jedoch braucht man eine Fahrkarte. Horden von Touris umlagern alle 6 (sechs) Automaten, die sich unisono weigern, ebensolche zum Hauptbahnhof auszudrucken. Entnervt lösen wir nach über einer halben Stunde vergeblichen Versuchens dann irgendetwas, um überhaupt eine zu haben. Wenigstens die Laufgruppe des VfL Ahaus, die mit dreizehn Läuferinnen und Läufern mit uns von Düsseldorf gekommen ist, verbreitet unter ihrem „Pressesprecher“ Matthias Engels noch gute Laune und wird daher mit einem Gruppenfoto belohnt.

Mittlerweile ist es weit nach zehn und in der Bahn werden wir auch noch fast kontrolliert. Wenn der Schaffner nicht kurz vor uns kapituliert hätte, weil alle das gleiche Problem haben. OK, dann muß man ja nur noch die Metro A nehmen und ist schon fast im Hotel. Zur Metro durch den Hauptbahnhof ist es aber ein gefühlter Halbmarathon. Endlich angekommen stellen wir fest, daß die Linie A wochentags wegen Nachtbauarbeiten an der neuen Linie C ab 21 Uhr eingestellt wird. Klasse (Achtung: Das wird 2012 immer noch so sein!). Draußen schifft‘s zum Steinerweichen, deshalb nehmen wir uns ein Taxi. Die freundliche Hotelmanagerin (frau spricht perfekt Deutsch!) klärt uns dann auf, daß es, wenn wir es denn gewußt hätten, von der Ausstiegsstelle des Leonardo-Expresses durch einen Nebenausgang des Bahnhofs schlappe 300 m zum Hotel gewesen wären. Shit happens. Aber das Hotel ist nett, klein und mediterran, so fallen wir endlich weit nach Mitternacht erschöpft in den Schlaf der Gerechten. Essen wird durch stramme Haltung und ein gutes Frühstück am nächsten Morgen ersetzt.

Emas non quod opus est, sed quod necesse est; quod non opus est, asse carum est!

Kaufe nicht, was Du gebrauchen kannst, sondern was Du dringend brauchst; was Du nicht brauchst, ist schon für einen Heller zu teuer bezahlt! Mit diesem guten Vorsatz versehen, wagen wir uns am Freitag in der Frühe auf die Marathonmesse, die im Palazzo dei Congressi  stattfindet. Dieser befindet sich leider nicht in der Innenstadt, ist aber mit der Linie B der Metro in südlicher Richtung gut erreichbar (Richtung Laurentina, an der vorletzten Station „EUR Fermi“ aussteigen) und von Donnerstag bis Samstag jeweils zwischen 10 und 20 Uhr geöffnet. Nette Hilfskräfte weisen den Weg, sogar mit einem Kartenausschnitt.

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Dem monumentalen Gebäude sieht man stilistisch die Planung in faschistischer Zeit an: 1938 für die ausgefallene Weltausstellung 1942 begonnen, wurde es erst 1954 fertiggestellt. Ohne auch nur den geringsten Bezug zu den braunen Brüdern zu haben muß ich zugeben, daß ich auf diese Art Monumentalarchitektur stehe. Der Freitagmorgen ist für die Abholung der Startunterlagen ideal. Ruckzuck habe ich alles, was mir zusteht. Danach bemerken wir erschrocken, daß wir leider vergessen haben, Kreditkarte und Bargeld zuhause zu lassen und so nimmt das Schicksal unvermeidlich seinen Lauf.

Der Lauf in Rom ist vergleichsweise billig: Rechtzeitig angemeldet, erhält man für 40 Mäuse nicht nur den Start mit allem, was unmittelbar dazugehört, sondern auch ein sehr schönes Shirt (leider nur aus Baumwolle) und einen prächtigen Rucksack zum Angeben bei den nächsten Läufen sowie zwei Flaschen Getränke. Mir fallen da sehr schnell etliche große Veranstaltungen in Deutschland ein, die für sehr viel mehr Geld sehr viel weniger bieten. Freitags und samstags kann man sich übrigens für schlappe 3 € im 1. Stock des Palazzo dei Congressi den Bauch voll Pasta schlagen. Optimales Preis-/Leistungs-Verhältnis, da wäre der deutsche Beamte auch direkt dabei gewesen, hätte man sich darauf verlassen können, daß die Essenausgabe, wie angekündigt, um 11 Uhr beginnt. So dauert’s halt eine Stunde länger – isse normale – und wir kratzen die Kurve in Richtung Stadt.

Ich habe übrigens die Startnummer 354 und die weist mich völlig zurecht dem Startbereich A (Elite) unmittelbar hinter den schwarzen Gazellen zu. Da staunt Ihr aber! Weiß der Geier, wie ich zu dieser Ehre gekommen bin, aber die Nummer garantiert jede Menge beeindruckte Blicke am Start.

Den restlichen Freitag und den Samstag nutzen wir zur ausgiebigen Besichtigung vieler Sehenswürdigkeiten inkl. einer Stadtrundfahrt im Cabrio-Bus. Am Samstag treffen wir uns noch mit Margot und Klaus Duwe an der Spanischen Treppe und besprechen die Einzelheiten für den morgigen Sonntag. Klaus läßt den Chef raushängen, will von außen „nur“ fotografieren und ich ach so Armer muß laufen. Es ist schon ein hartes Brot, das man in diesem Verein ißt! Das Wetter ist während unseres gesamten Aufenthalts übrigens prima: überwiegend trocken, meistens sonnig und zwischen 15 und 19° mild/warm. Ohne Sonne ist es aber schnell frisch.

Impavidi progrediamur

Unverzagt wollen wir vorwärts schreiten. Sonntagfrüh machen Elke und ich uns 20 Minuten gemütlich zu Fuß auf den Weg zum Start am Kolosseum, dem größten geschlossenen Bau der römischen Antike. Beeindruckend ist das, was nach fast 2.000 Jahren und trotz zeitweiser Nutzung als Steinbruch heute immer noch steht. Dem Geschichtsschreiber Cassius Dio zufolge wurde es im Jahr 80 mit hunderttägigen Spielen unter anderem mit Gladiatorenkämpfen, nachgestellten Seeschlachten und Tierhetzen, bei denen 5000 Tiere in der Arena getötet wurden, eröffnet.

Ave Imperator! Morituri te salutant!

Sei gegrüßt, Kaiser! Die Todgeweihten grüßen Dich! Beim Betrachten so manchen Gesichts könnte man fast meinen, ein Zug Gladiatoren sei erneut auf dem Weg zum Kampf auf Leben und Tod und entböte den damaligen Gruß vor Kampfbeginn. Nun ja, für so manchen wird es sicherlich einen Kampf auf Biegen und Brechen geben, zumindest anstrengend wird’s für alle werden.

Nach längerem Überlegen stelle ich mich dann wirklich in den Startblock A, die Versuchung ist einfach zu groß. Mann, ist hier Platz! Die lahmen Enten ab 3 Std. Laufzeit stehen schon wie die Heringe und wir Helden haben sogar Platz zum Einlaufen (worauf ich sicherheitshalber verzichte…). Dann kommen die Schwatten – eine Augenweide! Ich bin wirklich beeindruckt. Die Nationalhymne wird gespielt und vier Minuten verspätet geht es los. Ich drücke mich an den rechten Rand, um kein Hindernis für die Angeber hinter mir darzustellen. Noch ist die Stimmung gelöst und die ersten Meter auf der Via dei Fori Imperali werden genutzt, überschüssiges Adrenalin abzubauen. Der Vorwärtsdrang wird zunächst durch die Enge der Straßen gehemmt, ein guter Sechserschnitt ist die logische Folge.

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In dulci iubilo

In frohem Jubel zahlreicher Zuschauer umrunden wir zunächst das Kapitol (von „Caput Oli“ – Schädel des Olus, eines hier einstmals begrabenen Etruskerkönigs) auf dem kleinsten der berühmten sieben römischen Hügeln. Wie sagt ein US-amerikanischer Marathonführer so schön: „Everyone romantically speaks of Rome’s original seven hills, and the course finds at least every one of them“ (in etwa: Jeder spricht verklärt von den sieben Hügeln Roms und die Strecke streift letztlich jeden von ihnen). Traumhaft ist der von Michelangelo geplante Kapitolsplatz. Natürlich wird auch die monumentale (Sieges-)Trajanssäule abgelichtet. Auf dem spiralförmig aufsteigenden Fries, der mit 23 Windungen eine Gesamtlänge von 200 Metern erreicht, ließ Kaiser (übrigens von „Cäsar“ entwickelt) Trajan Szenen aus seinen erfolgreichen Kriegen gegen die Daker in den Jahren 101/102 und 105/106 darstellen. Insgesamt sind 2500 menschliche Figuren von etwa 60–75 Zentimeter Höhe abgebildet. Den Kaiser selbst kann man rund sechzigmal identifizieren.

Kaum losgelaufen, winkt schon der Circus Maximus. Bis zu 385.000 Zuschauer sollen hier auf 600 x 140 m Platz gefunden haben. U. a. fanden hier berühmte Wagenrennen (wen hat „Ben Hur“ nicht begeistert?) statt.

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Also wenn das so weitergeht, werde ich bald mehr Zeit zum Fotografieren als zum Laufen benötigen! Über die Via Osteniense erreichen wir km 5 und sind von den visuellen Eindrücken schon ganz mitgenommen. Auf der Strecke werden übrigens alle 5 km und an der Hälfte der Strecke die Zeiten chronometrisch erfasst. Außerdem werden lt. Veranstalter weitere, nicht angegebene Messungen vorgenommen. Besch...ummeln ist also unmöglich. Obwohl ich im weiteren Verlauf, auch in der zweiten Hälfte, Personen sehen werde, die rein äußerlich unmöglich so lange so schnell gewesen sein können. Entlang der Strecke ist auch alle 5 km eine medizinische Betreuung postiert. Zudem steht ein medizinischer Motorraddienst und eine Diensteinheit für den Rücktransport der Athleten, die das Rennen vorzeitig abgebrochen haben, zur Verfügung.

Nil martalibus arduum est

Nichts ist den Sterblichen zu schwer. Was schon der alte Horaz wußte, setzen wir in die Tat um. Vier Mal führt uns der Weg nun nordwärts bis kurz nach der Halbzeit über den Fluß Tiber (25 Brücken führen in Rom darüber), auf dem Romulus, der spätere angebliche Stadtgründer und sein Bruder Remus in Weidenkörben ausgesetzt worden sein sollen. Bei km 9 sticht die Pyramide des Caius Cestius (Praetor und Volkstribun) ins Auge, die mit der Porta San Paolo ein beeindruckendes Ensemble bildet. Geradezu erholsam, zumindest fürs Auge, sind die folgenden km durch Wohn- und Gewerbegebiete am Ufer des Tiber. Die Erholung währt jedoch nicht lange: Schon sehen wir die mächtige Kuppel des Petersdoms auf uns zukommen und streifen den Petersplatz. Tja, das haut einen wirklich um. Petersdom und –platz muß man einfach gesehen haben. Es ist ein erhebendes Gefühl, darauf zu- und vorbeizulaufen. Es ist völlig sinnlos, die Kamera einstecken zu wollen, die werde ich heute wohl den ganzen Lauf über in der Hand haben müssen (war auch so).

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Entlang der Ponti (Brücken) S. Angelo und Cavour passieren wir die Engelsburg, das ursprüngliche Mausoleum für Kaiser Hadrian, das später den Päpsten als Zufluchtsort (direkte unterirdische Verbindung zum Vatikan) diente. Ich freue mich, daß mir ein schönes Foto der Brücke mit der Burg im Hintergrund gelingt.

Auch am Olympiastadion von 1960 (Abebe Bikila, barfuß und so, Ihr wißt schon!) kommen wir bei km 20 vorbei.

Homo ex veste aestimatur!

Ein Mensch wird vom Volk nach seiner Kleidung beurteilt! Was schon Seneca wußte, dachte ich mir auch und habe heute dem Marathon4you-Shirt den Vorzug gegenüber dem Nationaltrikot gegeben. So mancher kennt uns erfreulicherweise, spricht mich an und ist schon gespannt auf Bericht und Fotos. Liebe Leute, genau dafür machen wir das doch. Wäre ja noch schöner, wenn  wir zum eigenen Vergnügen hier wären…

Schon seit den ersten km befinde ich mich im Pulk der 4 Stunden-Läufer. Einerseits ist das gut, weil ich mir über das Tempo keine Gedanken machen muß, andererseits ist es an den  Verpflegungsstellen aber immer tierisch voll, weil sich die ganze Meute gleichzeitig auf die Tische stürzt. Ich mache das nicht gerne, aber wenn ich noch etwas bekommen will, muß ich schon mal die Ellenbogen ausfahren. Ich habe auch kaum eine Chance, von dem Pulk wegzukommen. Einerseits fürchte ich, zu früh zu überziehen und am Ende die Quittung zu bekommen, andererseits ist so viel Volk auf der Straße, daß ich nur mit sehr viel Einsatz vorbeikäme. Ich merke, daß mein letzter großer Stadtmarathon doch schon länger zurückliegt.

Spaß macht allen so manche Tunnelpassage. Wie die kleinen Kinder brüllen sie um die Wette und freuen sich am Echo.

Aurea Maediocritas

Die goldene Mitte erreiche ich trotz des vielen Fotografierens nach etwa 2 Stunden. Die Halbmarathonmarke muß bei max. 7 Stunden für die Gesamtstrecke nach spätestens 3:30 Std. überquert sein, sonst ist finito. Diese Zeitlimits sind großzügig und erlauben auch in Ehren ergrauten Altersläufern, noch im hohen Alter erfolgreich Marathon zu laufen. Je mehr Jahre ich auf dem Buckel habe, desto mehr Verständnis bringe ich erstaunlicherweise dafür auf.

Bei km 24 überqueren wir letztmals den Tiber.

Labor omnia vincit

Unablässiges Mühen bezwingt alles, bringt alles fertig. Natürlich sind die Beine inzwischen längst schwer geworden. Aber die Ablenkung ist groß und so kommen böse Gedanken ans Aufhören erst gar nicht auf. Ich will ja schließlich nicht mit Blaulicht durch Rom düsen, nein, ICH nicht. Auch wenn man hier schon früher wußte: In magnis et voluisse sat  est - Bei großen Dingen genügt es auch, sie gewollt zu haben. Bei wem es beim Stichwort „Blaulicht“ nicht geklingelt hat, dem sei der m4y-Bericht von 2009 zum Nachlesen empfohlen - eine Sternstunde deutschen Laufjournalismus’!

Ab der Moschee bei ca. km 26 geht es wieder den Tiber zurück stadtwärts. Der Zuschauerzuspruch hält sich insgesamt, von der Innenstadt abgesehen, eher in Grenzen. Volksfeststimmung, wie ich sie bei einigen deutschen Marathons erleben durfte, ist hier leider Fehlanzeige. An zentralen Stellen in der Stadt und natürlich besonders im Start-/Zielbereich geht es aber dennoch hoch her.

Homines sumus, non Die

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Wir sind Menschen, keine Götter. Deshalb müssen wir immer weiter, haben aber hic et nunc – hier und jetzt – einen gravierenden Vorteil: Der Hammermann hat keine Chance. Die letzten 10 km, die, die uns immer am schwersten fallen, sind nämlich mit optischen Leckerbissen gespickt und diese lenken erfolgreich vom Gedanken an den körperlichen Verfall ab. Die Piazza Navona (charakteristisch für das barocke Rom) mit dem Vier-Ströme-Brunnen in der Mitte ist ein Traum. Der Platz ist komplett mit Restaurants und Cafés gesäumt. An den Tischen sitzen die Leute beim Kalorienschaufeln und wundern sich über so viele Bescheuerte. Nun, wenn ich mit Laufen nichts zu tun hätte, ginge  es mir vermutlich ebenso.

Die Via del Corso, charakteristisch für das von mir Dörfler empfundene römische Verkehrschaos ist für uns gesperrt, ein ganz neues Gefühl. Rechts kann ich durch eine schmale Gasse hindurch schon einen ersten Blick auf die Spanische Treppe erhaschen. Plötzlich macht es dreimal „Popp“ wie von zerplatzenden Luftballons. Zunächst kann ich mir keinen Reim darauf machen, sehe aber bald das nette Pacemaker-Mädel ohne Ballons laufen. O je, zu langsam geworden. Wo ist jetzt der Rest der Truppe? Hinter mir? Vor mir? Ich beschließe, sicherheitshalber einen Zahn zuzulegen und fange sofort an, reihenweise zu überholen.

Weiter geht es über die Piazza Venezia und die Piazza del Popolo, ein Traum in Stein und  Marmor, wird einmal komplett umrundet. Großes Kino, ein Augenschmaus folgt dem anderen. Weiter geht es vorbei an der Spanischen Treppe – wie habe ich mich auf die gefreut – und den Trevi Brunnen. Anita Ekberg badete dort 1960 in Fellinis Film „La Dolce Vita“ zu nächtlicher Stunde. Für heutige Moralvorstellungen leider zu züchtig. O tempora, o mores – Oh Zeiten, oh Sitten, klagte schon der selige Cicero. Heute wäre die Dame vermutlich nicht mehr der Brüller. Dann schon eher Frau Katzenberger…

Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas

Wenn auch die Kräfte fehlen, so ist der Wille zu loben. Viele gehen mittlerweile und sagen sich: Ora basta! Es reicht! Aber wer will es ihnen verdenken? Im Gehen läßt es sich doch viel ruhiger beobachten! Und eine gute Ausrede hat man so auch. Den Rest kennen wir schon vom Anfang: Erneut um die Piazza Venezia und das Monumento Nazionale zu Ehren Victor Emanuels II, des ersten Königs des neu gegründeten Italiens. Die Neugründung jährte sich übrigens an unserem Ankunftstag zum 150. Mal, daher auch die Nationalhymne am Flughafen.

An km 40 trifft mich fast der Schlag. Ich dachte, viel flotter unterwegs zu sein und sehe auf der Uhr 3:49:05. Dann müßte ich die letzten 2,2 km ja in unter 11 Minuten laufen! Ich probiere es und es geht. Quid sit futurum cras, fuge quaerere – Was morgen sein wird, frage ich nicht. Fleißig weiter knipsend habe ich das Gefühl, an den Leuten vorbeizufliegen und noch Hunderte zu überholen. Auch der Rest der 4 Stunden-Pacemaker wird noch kassiert. Der letzte Kilometer ist angezeigt. Wird das mit den 4 Stunden noch etwas werden? Dum spiro, spero – Solange ich atme, hoffe ich.

Ein letzter Blick gilt dem Konstantinsbogen, einem dreitorigen Triumphbogen aus dem Anfang des vierten Jahrhunderts und dann geht es direttissima um das Kolosseum, das noch zu umrunden ist. Leider nochmals stramm aufwärts, eine letzte große Linkskurve  und, Deo gratias! – Gott sei Dank!,

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Annuntio vobis gaudium magnum - Habemus parata!

verkünde ich euch eine große Freude - Wir haben fertig (also wirklich, spätestens hier kotzt jeder aufrechte Altphilologe!). Aber was dem Konklave zur Papstwahl recht ist, ist den Marathonis billig: Dem einen weißer Rauch, dem anderen die Medaille. Und die ist mit dem Goldenen Meilenstein wirklich toll und etwas Einmaliges. Kein Witz, die Bruttozeit bleibt bei exakt 3:59:59 Std. stehen, eine echte Punktlandung. Tut mir leid, Jochen, Dein schönes T-Shirt von Merkers ist in diesem Augenblick bereits Kriegsgeschichte.

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Maxima debetur puero reverentia

Man schuldet dem Knaben die größte Ehrfurcht. Der ist zwar schon etwas älter, hat aber mal wieder mit Anstand und ob der optischen Eindrücke höchst begeistert 42 km im Laufschritt zurückgelegt. Im Zielbereich bietet ein professionell ausgebildetes Team von Physiotherapeuten einen mobilen Massagedienst an, und das nicht nur für Notfälle. Ich aber suche erst einmal die Zielverpflegung. Die gibbet aber nicht, sondern „nur“ einen Beutel, mit Apfel und zwei Flaschen Getränke, wie ich es von Berlin und Hamburg kenne. Aber das ist fürs Erste völlig ausreichend.

Nunc est bibendum

Nun laßt uns trinken. Diese Weisheit des Horaz wird weltweit wohl am meistens beachtet und in die Tat umgesetzt. So auch von uns, die wir jede Menge Wasser und Iso in uns hineinschütten. Was gäbe ich jetzt für einen kühlen Lebensretter aus Erding!

Summa cum laude

Mit größtem Lob - auch das hat nichts mit Karl Theodor zu tun! - habe ich also gerne von diesem Marathon berichtet. Ein paar schöne Tage mit diesem Laufereignis zu kombinieren, ist für uns eine prima Sache gewesen. Wenn man sich die Glanzlichter der Strecke vor- oder hinterher in Ruhe (nochmals) anschauen kann ist das fein, das Vorbeihetzen während des Marathons wird dieser interessanten Stadt im Zweifelsfall nicht gerecht.

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Iucundi sunt acti labores!

Nach getaner Arbeit fühlt man sich wohl! Wir machen noch bis Dienstagnachmittag die Stadt unsicher und fliegen von einem tollen Abenteuer wieder nach Hause. Zur Nachahmung empfohlen. Unterkunfts- und Restauranttips gebe ich gerne. Arrivederci Roma!

Noch viel mehr Fotos bietet der gleichlautende Laufbericht auf marathon4you.de!

 

Streckenbeschreibung:
Fast flacher, bestzeitfähiger, beeindruckender Einrundenkurs vorbei an allem, was in Rom Rang und Namen hat. Einige leichte Wellen und zwischen den Höhepunkten, insbesondere im Mittelteil, und auch einige optische „Durststrecken“. Aber wo ist das nicht so? Jeder km ist ausgeschildert. Viel Kopfsteinpflaster, viele Schlaglöcker, Aufpassen ist angesagt.

Startgebühr:
40 bis 70 €, je nach Anmeldezeitpunkt. Athleten mit Behinderungen konnten bei Anmeldung bis zum 28. Februar kostenlos starten. Unabdingbar ist die Vorlage einer Bescheinigung der Mitgliedschaft in einem Leichtathletik-Landesverband oder alternativ eines ärztlichen Gesundheitszeugnisses.

Rahmenprogramm:
Pastaparty an den Messetagen gegen Bezahlung (3 €). Startnummernausgabe im Palazzo dei Congressi. Massagedienst im Ziel.

Weitere Veranstaltungen:
ROMAFUN - "La Stracittadina", ein nicht wettbewerblicher Lauf über 4 km (eher ein Happening als ein richtiger Lauf, ca. 90.000 Teilnehmer). Wird unmittelbar nach dem Marathon gestartet. Startgebühr: 7 € inkl. T-Shirt.

Auszeichnung:
Außergewöhnliche Medaille, Urkunde (online), Geldpreise für die Schnellsten. Jeder Teilnehmer erhält einen Rucksack und ein T-Shirt (Baumwolle) als Geschenk.

Logistik:
Kurze Wege unmittelbar am Kolosseum.

Verpflegung:
Ca. alle 5 km mit Wasser, Iso, Äpfeln, Orangen und Keksen. Zwischen den Verpflegungsstellen Schwammstationen.

Zuschauer:
Insgesamt eher geringes Interesse, viele im Innenstadtbereich und punktuelle Stimmungsnester.